„Jesus war schwach, hatte Hunger und Durst (vgl. Mt 4,2; Joh 19,28). Gott kann weder ermüden noch Mangel leiden – also war Jesus nicht Gott.“
Diese Behauptung verkennt das zentrale Geheimnis der Menschwerdung. Gott wurde in Christus wirklich Mensch (Joh 1,14). Als Gott bleibt er ewig unveränderlich, allmächtig und unerschütterlich. Als Mensch nahm er wahrhaft alles an, was zu unserer menschlichen Natur gehört – außer der Sünde (Hebr 4,15). Hunger, Durst, Müdigkeit oder Leid sind deshalb kein Gegenargument gegen seine Gottheit, sondern gerade Beweis der wahren Inkarnation.
Das Neue Testament macht beides deutlich: Er ist der Allmächtige, der den Sturm stillt (Mk 4,39), Tote erweckt (Joh 11,43–44) und als „Herr der Herrlichkeit“ (1 Kor 2,8) verehrt wird – und zugleich der, der ermüdet am Brunnen sitzt (Joh 4,6) und am Kreuz „Mich dürstet“ ruft (Joh 19,28). Diese Spannung ist kein Widerspruch, sondern die Wahrheit der zwei Naturen: In der göttlichen Natur bleibt er unerschütterlich Gott, in der menschlichen Natur teilt er unsere Bedürftigkeit.
Die Kirche hat das präzise formuliert: „Einer und derselbe Christus, Sohn, Herr, einziggeboren, erkannt in zwei Naturen, unvermischt, ungetrennt“ (Konzil von Chalkedon, 451, DH 301). Nicht die Gottheit hungert oder leidet, sondern die angenommene Menschheit – und doch ist es derselbe Gott, der im Fleisch leidet.
Darum konnte Ignatius von Antiochien († um 107) paradox sagen: „Mein Gott wurde geboren… mein Gott litt und starb“ (Brief an die Epheser 7,2; 18,2). Nicht, weil die Gottheit selbst veränderlich wäre, sondern weil der ewige Sohn die menschliche Natur so innig vereint hat, dass alles, was er als Mensch erleidet, dem Gottessohn selbst zugeschrieben werden darf.
Gegenargument der Gegenseite
„Hunger und Durst sind Beweise menschlicher Begrenztheit – Gott kann das nicht.“
Kurze Widerlegung
Ja, Gott an sich kennt keinen Mangel. Aber der ewige Sohn hat in der Inkarnation wahre Menschennatur angenommen. Darum ist es kein Widerspruch, sondern Ausdruck seiner Liebe: Gott selbst hat Hunger und Durst erfahren, um uns in allem gleich zu werden und uns zu erlösen.