Ich verliere meinen Sohn und meine Frau

Fallbeschreibung

Ein Mann, Anfang 30, verheiratet seit wenigen Jahren, berichtet von einer eskalierenden Ehe. Am Tag des geplanten Umzugs in eine neue Wohnung kam es zu Handgreiflichkeiten seiner Frau: Seine Hand wurde in der Tür eingeklemmt, er trägt Würgemale am Hals. Der Vorfall wurde im Krankenhaus dokumentiert. Sie verweigert ihm den Zugang zum gemeinsamen Sohn und wirft ihm Untreue vor, obwohl dies nicht zutrifft. Er ist körperlich geschwächt, da er kaum isst und schläft. Vor wenigen Monaten hat er zudem seine Mutter verloren. Er sagt: „Ich habe dieses Jahr meine Mama und meine jetzige Familie verloren. Ich kann einfach nicht mehr.“

Meine Antwort

dein Herz trägt gerade eine Last, die kaum auszuhalten ist. Der Tod deiner Mutter, die Wunden in deiner Ehe, die Angst um dein Kind – all das zerreißt dich. Niemand kann das Leid kleiner machen, aber Christus kann es mit dir tragen.

Jesus weiß, was es heißt, von den Seinen verlassen und verletzt zu werden. Doch er blieb treu, ohne Hass, und seine Treue hat die Welt erlöst. Darum ist es wichtig, dass du dein Herz vor Bitterkeit schützt. Denn die Versuchung ist groß, nur noch Gegengewalt und Vergeltung zu sehen. Aber der Weg Jesu ist ein anderer: Wahrheit und Liebe zugleich.

Es ist richtig, dich und dein Kind zu schützen und Hilfe zu holen, wenn Gewalt geschieht. Aber darüber hinaus darfst du zugleich an das glauben, was noch größer ist: dass Gott selbst Herzen erneuern und sogar Ehen heilen kann. Augustinus schreibt, dass Gott aus jedem Bösen ein größeres Gutes hervorbringen kann.

Die Ehe ist ein heiliger Bund. Auch wenn er in den dunkelsten Stunden erschüttert wird, bleibt er vor Gott etwas Heiliges. Darum ist es gut, dass du nicht gleich aufgibst. Versöhnung ist schwer, aber sie ist möglich, wenn beide sich Gott öffnen. Das bedeutet: reden, zuhören, einander respektieren, sich gegenseitig wieder als Kinder Gottes sehen. Eine Ehe kann nicht nur repariert werden, sie kann geheiligt werden, wenn Christus in ihr die Mitte wird.

Paulus sagt: „Tragt einander und vergebt euch, wenn einer gegen den anderen zu klagen hat. Wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr!“ (Kol 3,13). Das ist kein billiger Trost, sondern eine Einladung zu einer Liebe, die tiefer reicht als die Verletzungen.

Vielleicht braucht es Zeit, Abstand, Gespräche mit Seelsorgern oder Therapeuten. Vielleicht braucht es auch ein Wunder. Aber vergiss nicht: Gott ist größer als deine Wunden. Wenn er will, kann er aus Trümmern ein neues Haus bauen.

Darum lege dein Herz, deine Frau und dein Kind in seine Hände. Bitte ihn um die Gnade, nicht zu hassen, sondern zu lieben; nicht zu zerstören, sondern aufzubauen. Denn Christus ist gekommen, „nicht um zu richten, sondern um zu retten“ (Joh 12,47).

Am Ende bleibt dies: Manche Wege lassen sich nicht sofort heilen, manche Wunden bleiben offen. Doch wenn du in dieser Not nicht für Rache, sondern für das Gute lebst, dann trägt dein Leiden einen Sinn. Denn es ist besser, für das Gute zu leiden, als selbst Schuld auf sich zu laden. Dein Herz gehört nicht dem Hass, sondern der Liebe. Wenn du dich dieser Liebe öffnest, findest du darin mehr Stärke, als du je aus dir selbst nehmen könntest. Gib dein Herz dorthin, wo es nicht mehr verraten werden kann – und du wirst erfahren, dass auch im dunkelsten Leid neues Leben wachsen kann.